10. Februar 1999
Lieber Mitglieder des Vereins
Freundschaft mit Kindern,
am 19. Februar sollt Ihr darüber
entscheiden, ob ich aus dem Verein ausgeschlossen
werden soll. Das ist das Ergebnis der
Gerichtsverhandlung am Amtsgericht Münster, die
vorige Woche stattgefunden hat. Der Vereinsvorstand
hatte die Kommunikation über wie ich finde
wichtige Grundsatzfragen eingestellt, man
könnte sagen: unterbunden und mich ausgeschlossen.
Deshalb hatte ich das Gericht angerufen, da ich keine
andere Möglichkeit mehr sah, mich für meine
Überzeugung einzusetzen.
Ich möchte Euch kurz darüber
informieren, wie es sich mit dem Vereinsausschluß
aus dem Verein zugetragen hat.
Wie einige von Euch aus den beiden
Rundbriefen, die ich 1996 und 1997 an die Mitglieder
von FMK geschrieben hatte, sicher noch wissen, gibt
es den Vorwurf gegen den Verein, daß insbesondere
Hubertus als Hauptakteur und Öffentlichkeitsreferent
des Vereins durch seine Auftritte an Volkshochschulen
und anderen Stellen die nach wie vor wichtige
antipädagogische Aufklärung behindert. Viele
Menschen, die an diesen Veranstaltungen teilnehmen,
können nicht ohne weiteres den Unterschied zwischen
der kritischen Theorie, die die Antipädagogik
darstellt, und der "neuen Lebensweise" von
Hubertus unterscheiden. Sie sind irritiert und wenden
sich ab von beidem. Hauptsächlich passiert
das durch Behauptungen von Hubertus, nach denen es
unter anderem angeblich keine Fehler und keine Gewalt
gibt. Zu diesen Thesen kommt er durch den Denkfehler,
daß sich aus der Gleichwertigkeit aller Menschen
auch die Gleichwertigkeit aller ihrer Handlungen und
Aussagen ableiten ließe. In diesem Zusammenhang
wiederholt Hubertus auch immer seine Auffassung von
der "Subjektivität der Erkenntnis". (Dazu
lege ich einen erklärenden und wie so oft
leicht bissigen Text von E.v. Braunmühl in
den Brief.) All das legitimiert schließlich
Machtentscheidungen, die gegebenenfalls keine oder
zumindest wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse
anderer nehmen. Vielfach sind seine Zuhörer
Menschen, die sich mit den Problemen, die sich aus
dem Zusammenleben mit Kindern ergeben, zeitweilig
überfordert fühlen. Bei diesen fällt natürlich
eine Botschaft, wonach sie "selbstverständlich
ihre Machtmittel einsetzen" und "keine
Fehler" machen können, auf fruchtbaren Boden.
Ich finde das fatal und glaube, daß das nicht mehr
mit dem Satzungszweck übereinstimmt. Für Hubertus
ist es sicherlich schwer, diesen Fehler
einzugestehen, da er sich seit 20 Jahren im Verein
engagiert. Ich bin jedoch nicht an Hubertus
Vorstellungen interessiert, sondern an
gesellschaftlichen Veränderungen, hin zur
Gleichberechtigung aller Menschen. Soweit in extremer
Kürze zum fachlichen Streit, der dem Knatsch um
meine Mitgliedschaft zu Grunde liegt. Ich habe einige
Texte zu diesen Fragen im Internet bereitgestellt
(http://www.crosswinds.net/berlin/~fmkkreis)
Ich hatte also wegen dieser
Grundsatzfragen 1996 dem Vorstand geschrieben,
mehrfach immer ohne Antwort. In einem
persönlichen Brief hatte ich dann deshalb die
Mitglieder des Vereins direkt informiert. Daraufhin
hatte Hubertus im offiziellen Vereinsrundbrief eine
abfällige Bemerkung ("EvB-Virus") und
seine Meinung ("auf soetwas reagiere ich nicht
dafür bin ich mir zu schade")
veröffentlicht. Ich fand das unseriös, bat ihn noch
einmal direkt um eine Antwort. Als erneut jede
Reaktion ausblieb, schrieb ich ein zweites Mal an die
Mitglieder. Inzwischen war auch das Buch "Was
ist antipädagogische Aufklärung?" von Ekkehard
von Braunmühl erschienen, das auf 150 Seiten die
oben angedeutete Auseinandersetzung ausführlich
erklärt. Deshalb hatte ich in meinem Brief auch die
Vereinsmitglieder darüber informiert.
Das war dem Vorstand zuviel. Er
warf mich per Vorstandsbeschluß wegen meiner
angeblich "vereinsschädigenden, dem Ziel, dem
Zweck und den Interessen des Vereins
entgegengesetzten Position" und wegen der
angeblich "mißbräuchlichen Verwendung des
Verzeichnis der Förderer " aus dem
Verein hinaus. Ich erhob dagegen Widerspruch, über
den ein in der Satzung vorgesehenes Schiedsgericht
entscheiden muß. Schließlich hatte ich nichts nach
außen gegeben. Meine Fragen sollten nur zu einer
vereinsinternen Diskussion führen. Ich war
wenn schon eher der Meinung, daß sich
Hubertus vom Zweck des Vereins entfernt hatte und
nicht ich. Das nach einem Jahr (Anfang 1998) tagende
Schiedsgericht (das im Rahmen der üblicherweise
kleinen, 17köpfigen Mitgliederversammlung gewählt
worden war) bestätigte natürlich meinen Ausschluß.
Ich fand das vor allem deshalb unmöglich, weil die
einzige Chance, im Verein bleiben zu können, an die
Bedingung geknüpft worden war, die Diskussion
einzustellen. Im Brief des Vorstands an mich hatte es
geheißen: "Sie müssen eindeutig klarmachen,
daß Sie die gegen den Verein und seine Organe
gerichtete Kampagne des Ekkehard von Braunmühl weder
billigen noch in irgendeiner Form
unterstützen...". Diese Forderung, die einem
Maulkorberlaß gleichkommt, zu akzeptieren, war und
bin ich nicht bereit. Deshalb fragte ich einen
Rechtsanwalt, wie ich mich dagegen wehren könne. Er
empfahl eine Klage gegen den Ausschluß, da dieser
unbegründet sei.
Diese Klage wurde vorige Woche in
Münster im Amtsgericht verhandelt.
Unglücklicherweise vertrat der Richter von der
ersten Minute an die Meinung, daß er sich überhaupt
nicht in vereinsinterne Fragen einmischt. Ihm war der
konkrete Ablauf der Ereignisse für sein Urteil egal.
Ich solle mich an die Mitglieder wenden, diese
könnten ggf. den Vorstand neu wählen. Meine Frage,
wie ich das bewerkstelligen soll, wenn der Vorstand
meine Fragen nicht an die Mitglieder weiterleitet und
ich selbst bei Benutzung der Fördererliste
ausgeschlossen werde, beantwortete er praktisch mit
einem Achselzucken. Gerichte mischen sich in
Vereinsinterna nicht ein. Punkt.
Es entstand im Gerichtssaal eine
unbefriedigende Situation, weshalb der Richter einen
Vergleich (eine Einigung ohne Urteil) vorschlug: Der
Ausschluß muß, wenn er gültig bleiben soll, von
der nächsten Mitgliederversammlung bestätigt
werden. Dazu muß der Vorstand allen Mitgliedern
schriftlich eine entsprechende Ergänzung der
Tagesordnung mitteilen. Dieser Vorgehensweise hat der
Anwalt des Vereins zugestimmt (vom Vorstand ist
niemand im Gericht erschienen). Die Alternative zu
dieser Einigung wäre die Verlängerung des
Rechtsstreites in die nächste Instanz und um weitere
Monate bis Jahre gewesen. Deshalb habe ich ihm
zugestimmt.
Das Problem dabei ist, daß die
Versammlung bereits am 19.2.1999 in Münster
stattfindet. Ich fürchte, daß die Verschickung der
Tagesordnungsergänzung erst in letzter Minute die
Mitglieder erreicht, daß außerdem in der Einladung
keine Hinweise über die Hintergründe des Streits
stehen und daß deshalb wieder nur die etwa 20
Anhänger von Hubertus zur Mitgliederversammlung
erscheinen werden.
Empört bin ich vor allem darüber,
daß es dem Vorstand dann praktisch gelungen sein
wird, eine kritische Meinung zur Vorstandsarbeit zum
Verstummen zu bringen, ohne daß die Mehrheit der
Mitglieder jemals etwas davon erfahren hat. Soweit
ich weiß, gibt es keine allgemeine schriftliche
Information an die Mitglieder darüber, daß ich,
geschweige denn, wie ich ausgeschlossen wurde. Der
Vorstand hat die Mitglieder nicht darüber
informiert, welch große Mühe er sich mit
Protokollanfertigungen, außerordentlichen
Schiedsgerichtswahlen und -sitzungen und der
Anfertigung einer anwaltlichen Klageerwiderung
gemacht hat. Das nenne ich undemokratische
Machtausübung durch Filtern von Information.
Offenbar hat der Vorstand Angst, daß seine Arbeit
noch von anderen kritisiert wird oder daß die
zahlenden Mitglieder von sich aus austreten, sodaß
die Wirtschaftskraft des Vereins leidet.
Letztlich bestätigt die
Vorgehensweise des Vorstandes bei meinem Ausschluß
genau die Vorwürfe, die ihm gemacht werden: bei
Aussicht auf Erfolg Machtmittel rücksichtslos
einsetzen. Das ist zwar Hubertus-konform, aber
undemokratisch. Falls es typisch
"postpädagogisch" oder ein Beispiel für
"Amication" sein soll, würde ich das gerne
näher erläutert bekommen.
Ich würde mich freuen, wenn
diejenigen von Euch, die wie ich Kritik am
Vereinsvorstand haben oder noch mehr darüber wissen
wollen, mit mir Kontakt aufnehmen. Das gilt auch für
die, die an grundsätzlichen Fragen zu
Erwachsenen-Kind-Beziehungen, eben an Freundschaft
mit Kindern interessiert sind. Wir könnten dann
beraten, was auf der Mitgliederversammlung passieren
soll.
Ich hoffe, daß Ihr mich versteht
und danke Euch für Eure Zeit.
Euer Mike Weimann
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